Jungesellenschützenverein Weskerhok

Jungesellenschützenverein Weskerhok

Es war im Jahre 1922, als Frau Elisabeth Lütkewestrich den seinerzeit bei Lütkewestrich als Landarbeiter beschäftigten Johann Lüke beauftragte, den Wohnhausboden aufzuräumen und zu reinigen. Dabei entdeckte dieser ein kleines Kästchen mit einem Vögelchen von besonderer Art, das ihn stutzig machte. Er ahnte nicht, welche Kostbarkeit er in den Händen hielt. Erst nach wiederholtem Putzen mit Holzasche kam ein stolzer Vogel ans Licht mit der eingravierten Jahreszahl 1580. Nach kurzer Rücksprache mit der Familie Lütkewestrich war klar: „Es ist der Silbervogel des Schützenvereins Middelbauerschaft; ein Geschenk des Bischofs von Hoya aus dem Jahre 1580“.

Urkundlich belegt ist, dass am 29. Oktober 1738 ein Schützenfest gefeiert wurde mit Anna Westrich als Königin. Es ist daher anzunehmen, dass Frau Westrich den kostbaren Silbervogel in sichere Verwahrung genommen hat. Als die Junggesellen der Weskerhöker Nachbarschaft davon erfuhren, wurde die Idee geboren, einen Schützenverein zu gründen. Am 27. August 1922 wurde in Schlekings guter Stube der Junggesellenschützenverein Wes­kerhok aus der Taufe gehoben, zwecks Hebung der Einigkeit und Gemütlichkeit unter den Junggesellen der Nachbarschaft, wie es im § 1 der Statuten heißt. Nach § 3 der Statuten ist bei jeder Festlichkeit Wein, sowie jede Weinart zum Verkauf und zum Trinken verboten. Im vierten und letzten Paragraphen der Statuten heißt es: „Nach gefallenem Königsschuß gibt der König mindestens 2 Liter Branntwein.“

Am Gründungstag wurde Hermann Kuhrmann zum Schriftführer und Theodor Hensel zum Kassierer gewählt. Gleichzeitig wurde der Beschluss gefasst, am 10. September 1922 in Schlekings neu errichteter Scheune ein Schützenfest zu feiern. Als Offiziere sollten fungieren: Heinrich Schleking als Hauptmann, Johann Bußkönning als Feldwebel und Hermann Röhling als Königsadjutant.

Dieser Situation trugen die Verantwortlichen folgendermaßen Rechnung und trafen mit dem Vogelhersteller Hermann Schleking folgende Abmachung: „Das hölzerne Federvieh muss so beschaffen sein, dass es beim ersten Treffer mit unserem Karabiner fällt“. Da die Vogelstange bei Denne Wortmann aufgerichtet wurde, war zwangsweise Bernhard Denne (Worts Natz) für den ersten Schuss zuständig. Da dieser bekanntlich ein guter Schütze war und auch das reifere Alter hatte, glaubten die Hauptmatadore mit Sicherheit den richtigen König zu bekommen.

Doch wie so oft bei solch listigem Tun, kommt es anders als man denkt. Der vorgesehene König verpasste seine Chance, schoss vorbei, und nun waren die Drahtzieher selber gefragt. Als nächster Schütze legte der Schriftführer Hermann Kuhrmann an und nach einigen Schrecksekunden fiel der schön geschmückte Vogel von der Stange. Der Jubel der zu Hunderten zählenden Zuschauer war groß, aber nicht minder groß war die Sorge des neu gekrönten Königs, wie Vater Kuhrmann wohl reagieren würde, hatte er doch unmissverständlich dem Sohn mit auf den Weg gegeben: „Junge, datt du mie aber nich den Voggel affschötz!“

Zeitzeugen berichten vom Glück im Unglück für den neuen Würdenträger, da anwesende Verwandte die Wogen im Hause Kuhrmann glätten konnten. Da nur zwei Schützen zum Schuss gekommen waren, wurde ein

Teil des Vogels wieder auf die Stange montiert und alle 24 Schützen konnten ohne Risiko ihre Schießkunst beweisen. Johann Lüke holte den Rest von der Stange und wurde zum Vizekönig ohne besondere Aufgaben proklamiert. Zur Mitregentin erkor sich der junge König Hermann Kuhrmann Toni Hensel, die 20 Jahre später in Klein-Reken nochmals zur Würde der Königin kam.

Der rauschende Krönungsball fand dann auf Schlekings Scheunenboden statt. Es heißt, halb Reken und Hülsten hätten dem jungen Königspaar ihre Referenz erwiesen. Wie dem auch sei, eines ist sicher, die Sicherheitsvorschriften der heutigen Zeit hätten die tolle Feier nicht zugelassen, denn zum Tanzboden kam man nur über eine fünf Meter lange Leiter. Manche betagten Zeitgenossen schwärmen vielleicht deshalb noch vom Schützenfest im Weskerhok.

An gleicher Stelle wurde bedingt durch die Inflation am 10. Juni 1923nur eine kleine Feier veranstaltet; der Beitrag belief sich auf 1000 Mark.

Verfasser: Heinrich Kuhrmann